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AutorenbildJohanna Gollnhofer

Mit Logik gegen Greenwashing

Aktualisiert: 23. Dez. 2022

Was hat Mastercard mit Schweizer Gletschern zu tun? In der Sprache von Mastercard sind diese «priceless», also unbezahlbar (selbst mit einer Mastercard). Um aber nicht mit leeren Händen dazustehen, will der Kreditkartenanbieter zukünftig für jede Zahlung Schutzfolie in der Grösse einer Kreditkarte über Schweizer Gletscher spannen. Das noble Ziel: Das Sterben der Gletscher zu verlangsamen – noch nie sind diese so schnell geschmolzen wie im Jahre 2022.

Was ist davon zu halten? Logik ist bekanntlich die Waffe der zum kritischen Denken erzogenen Konsument:in. Werden also überhaupt so viel Zahlungen mit der Mastercard geleistet, dass ein ausreichend grosser Teil der Gletscher abgedeckt werden kann? Und selbst wenn, ist der Ansatz nicht kontraproduktiv? Will Mastercard am Ende, dass ich mehr konsumiere, damit sie mehr Gletscher abdecken können? Klingt wirr. Als würde die Feuerwehr den Brand schüren, damit sie mehr löschen kann. Oder frei nach Professor Higgins: Es grünt so grün, wenn Masterkarten glühn!

Der Käsehersteller Tilsiter scheint auch nicht daran zu glauben, dass Konsument:innen klar und logisch denken können. «CO2-neutral produzierter Käse», lautet sein Versprechen. Dabei wissen wir doch, dass Kühe zu den grössten Klimasündern gehören. Kühe produzieren Milch, aus Milch wird Käse hergestellt! Zu behaupten, dass der Tilsiter Käse CO2-neutral und damit "nachhaltig" ist, ist also fast so, wie zu behaupten, dass Kühe lila sind. Im Kleingedruckten wird die Konsument:in dann allerdings aufgeklärt. Der Claim CO2-neutraler Käse beziehe sich auf den Zeitpunkt «nach der Milchsammlung». Aha. Und was ist vor der Milchsammlung? Also erst die Kuh und dann die Moral.

Liebe Marken, bei solchen grünen Logikfehlern müsst ihr euch nicht wundern, dass konkrete Vorwürfe des Greenwashing gegen euch im Raum stehen. Konsument:innen fühlen sich getäuscht. Mehr Schein als Sein. Wäre es da nicht zum Beispiel sinnvoller, sich als Zahlungsdienstleister glaubwürdig die Bekämpfung der globalen Armut auf die Fahnen zu schreiben? Solch ein stimmiges Commitment wäre dann in den Augen der Konsument:innen, um noch einmal mit Mastercard zu sprechen, wirklich «priceless».

Johanna Gollnhofer verfasst im Jahr 2022 die HSG-Focus-Kolumne. Sie ist Direktorin des Instituts für Marketing und Customer Insight (IMC-HSG).

(ursprünglich erschienen in der HSG Focus)

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